Umgebung
Die Gospertstraße war im Verlauf ihrer Geschichte mehr als eine beliebte Einkaufsstraße. Sie galt als Dreh- und Angelpunkt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Aktivitäten. Entlang des Gospertbachs, der unter der Straßendecke fließt, siedelten sich unter anderem die ersten Tuchmanufakturen an. Die wichtige Verbindungsachse zwischen dem Werthplatz und der Klötzerbahn war schon früh ein Symbol für das Gewerbe und die Wohnkultur der Stadtbewohner. Heute ist die Gospertstraße ebenso Schauplatz für Events und Folklore.
Die Anziehungskraft dieser Straße erkennt man an ihren verschiedenen Architekturstilen: hier hat jede Epoche ihre Spuren hinterlassen.
Den ersten Eindruck eines Gebäudes vermittelt die Fassade. Sie erzählt vom Leben der Menschen, von der Entwicklung der Gesellschaft, von Bräuchen, Bedürfnissen und Einschränkungen.
Hausnummer 52
Die Fassade des Kaufmannshaus De Ru’s wurde 1697 errichtet und ersetzte einen älteren Fachwerkgiebel. Damals erwarb der Aachener Kaufmann Nicolaus Pelzer das Anwesen und passte es dem Zeitgeschmack an. Um Eindruck bei seiner Kundschaft zu machen, wählte er einen geschwungenen Barockgiebel mit schmiedeeiserner Wetterfahne. Die Verwendung von Blaustein war kostspielig, also setzte man sie dort ein, wo sie nötig war. Für die Zwischenflächen verwendete man Ziegelstein. Dieser konnte vor Ort aus Ton hergestellt werden. Blausteinquadern an den Seiten schütze die Fassade vor den Fuhrwerken, die beim Einfahren häufig das Mauerwerk streiften. An Fensterbänken ermöglichte der Kalkstein einen besseren Regenwasserabfluss. Die Verwendung des wasserdichten Steins für Sockel verhinderte den Anstieg der Bodenfeuchtigkeit und die Beschädigung der Fassade durch Spritzer. Fensterkonturen aus Kalkstein sorgen durch ihre Ebenheit für ein leichteres Einbauen der Fenster. Besonders eindrucksvoll muss wohl die doppelseitige Freitreppe gewesen sein, die als solche einzigartig in Eupen ist.
Hausnummer 54
Der Neubau mit der Hausnummer 54 wurde 2009 errichtet. Er schiebt sich regelrecht hinter den Altbau. In der Formensprache bleibt der Neubau immer klar erkennbar, er nimmt keinen Bezug zum Altbau und ist doch mit diesem so verzahnt, dass eine neue Einheit entstanden ist. Seine Fassade verschwindet hinter einem grünen Vorhang aus Kletterpflanzen. Nur der große gläserne Eingangsbereich ist gut sichtbar. So nimmt sich der Neubau zurück und lässt der Fassade des Altbaus seine dominierende Wirkung. Die asymmetrische Anordnung der Fenster erinnert an eine Bildergalerie. Außerdem schafft sie Transparenz und wirkt wie eine Verbindung zwischen Straße und Hinterhöfen. Ohnehin spielen die Gärten, Parks und Hinterhöfe eine wichtige Rolle. Hier wurde gelebt, gearbeitet und verweilt. Der Neubau möchte Durchgänge zwischen diesen beiden Welten schaffen und die Besucher einladen, die verborgenen Orte kennenzulernen. Durch die Verlängerung von Bürgersteig und roter Fachwerkwand in den Neubau hinein, wird diese Anziehung verstärkt.